Hausbrennerei Fridolin Baumgartner

04.10.2014 Von Südbaden an die Weltspitze

Badische Zeitung: Anneliese und Fridolin Baumgartner aus Vogtsburg-Oberbergen produzieren seit mehr als 30 Jahren Spirituosen - und holen eine Auszeichnung nach der anderen.

Mit dem Tresterbrand, also einer Spirituose, die aus vergorenem Traubentrester – den Rückständen der Weinmaische wie Schalen und Kernen – destilliert wird, hat es 1983 bei Baumgartners angefangen.

Nachdem der gelernte Bürokaufmann festgestellt hatte, dass er – "Büro ist nicht so mein Ding" – doch den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern übernehmen sollte, baute er 1982 die ehemalige Scheune zu einem Wohnhaus aus und richtete eine moderne Brennerei ein. Heute ist sie, neben den Reben und der Landwirtschaft, das zweite wirtschaftliche Standbein der Baumgartners – und ein beständiger Grund, sich zu freuen und stolz auf das Erreichte zu sein. Der Betrieb aus Oberbergen gehört zu den am höchsten und nachhaltigsten ausgezeichneten Brennereien Deutschlands und Europas.

Bei der Destillata 2014, der Prämierung der weltbesten Brände in Österreich, belegten Baumgartners den ersten Platz der Deutschland-Wertung. Zum 8. Mal waren sie unter den besten fünf Deutschen und zum 5. Mal unter den Besten Europas, als "Auserwählte Destillerie". Mit ihren Bränden errangen sie acht Goldmedaillen, die Sorten Kirschwasser, Kirschwasser im Eichenfass gereift und Mirabellenwasser wurden als "Edelbrand des Jahres" Sortensieger. Die weiteren Goldmedaillen gingen an ihren Weintrester im Eichenfass gereift, an das Sauerkirschwasser, den Orangengeist, Weinhefebrand und ein Mirabellenwasser. Alle ihre 39 vorgestellten Produkte erhielten bei dieser Prämierung eine Auszeichnung – ein mehr als eindrucksvoller Qualitätsbeweis der Baumgartnerschen Brennkunst.

"Man muss halt mit Herzblut und Freude dabei sein, es braucht gesundes, bestes Obst, man muss die Gärung eng überwachen, sehr sauber schaffen und eine sehr gute Nase haben, von Geduld und langer Erfahrung ganz zu schweigen", meint Baumgartner. "Am Anfang war es sehr schwer, da wollten sich viele nicht so recht anfreunden mit unseren Schnäpsen, als wir dann 2001 unsere Jagd auf die Medaillen begannen und Erfolg hatten, dann kamen plötzlich auch ganz prominente Gastronomen in unseren kleinen Laden." Heute kann man Fridolin Baumgartner mit Fug und Recht als einer der Urväter der gehobenen Brennkunst in Südbaden bezeichnen.

HERKUNFT DER GRUNDPRODUKTE

Kaiserstühler Grease, alemannisch für Kirschen, baut der Meister selbst an, auch eigene Äpfel, Zwetschgen und eigene Erdbeeren werden verwertet. Wurzelechte Zibärtle – aus den Wildpflaumen wird der badische Nationalschnaps gebrannt – kommen von Konrad Schmiederer aus Bad Peterstal, der liefert auch Mirabellen. Williamsbirnen kauft Baumgartner in ganz Deutschland und den europäischen Nachbarländern. Rainer Jakob aus Ihringen liefert Sauerkirschen und Schnapsbirnen. "Wenn ich kann, kaufe ich Bioware, aber das geht halt nicht immer. Aus kontrolliertem Anbau müssen die Obstsorten schon sein und anschauen muss ich vorher alles", sagt Baumgartner.

DAS SORTIMENT
Baumgartners bieten an: Exklusivbrände aus Kernobst und Steinobst sowie diverse Geiste (Apfelbrand, Quittenbrand, Williams-Christ, Mirabellenwasser, Zwetschgenwasser, Zibärtle, Kirschwasser, Sauerkirschwasser, Himbeergeist, aber auch Haselnussgeist und Orangengeist). Daneben stehen die Traubenspezialitäten wie Weintresterbrand vom Spätburgunder oder Muskateller, Weintrester im Eichenfass gereift, Weinhefebrand vom Grauburgunder oder Gewürztraminer oder Weinhefebrand im Eichenfass gereift, im Sortiment. Unter der Bezeichnung "Unsere Edelsten" wird beispielsweise ein Apfelbrand Rubinette mit reifen, saftigen Apfelaromen, einer fülligen Präsenz am Gaumen und langem Abgang präsentiert. Das prämierte Mirabellenwasser mit feinen Frucht- und Mandeltönen, frisch und jugendlich am Gaumen und einem kraftvollen Abgang, überzeugt den Verkoster, ebenso der aromatische Speierlingbrand, ein Wildobst mit lebendiger Nase und harmonischem Abgang. Eine Spezialität des Hauses ist das intensive Kirscharoma mit Schokoladennoten im Duft beim Kirschwasser; desgleichen das elegante, kräftige Sauerkirschwasser mit jugendlicher Kraft im Abgang. Selten trifft man auf einen so grazilen, frischbeerigen, eher milden Wald-Himbeerbrand oder einen frisch duftenden Mispelbrand mit anhaltendem Abgang. Der Wirblika, eine Spirituose aus Wildrebenblüten, ist genau so ungewöhnlich wie der intensive und doch sehr harmonische Bärlauchgeist.


UND SONST ...

Steinobstbrände – "die sind immer noch unsere Spezialität" – sind in der Regel lange lagerfähig, Kernobstbrände sind schneller ausgereift. Im Eichenfass gereifte Brände haben logischerweise noch eine höhere Haltbarkeit, neben den stets präsenten würzigen Holznoten. Sämtliche Destillate werden ohne Zusatzstoffe hergestellt und seit einigen Monaten bastelte die Familie an neuen Flaschenformen und Etiketten, jetzt haben sie sich auf ein Design geeinigt. Die Baumgartners hoffen, dass vielleicht eine der beiden Töchter in das aufstrebende Edelbrandgeschäft einsteigt. Ein Besuch des heimeligen Degustationsraums sei allen Kennern und Genießern feiner Destillate ans Herz gelegt.


Quelle: Badische Zeitung